11. September 2017

Zur Ordination von Frauen

Art

Dürfen Frauen Pastorinnen bzw. Pfarrerinnen werden oder nicht?

Eine Zusammenfassung von Viola Oberrauch

In der evangelisch-lutherischen und einigen reformierten Kirche ist die Frauenordination schon lange kein Thema mehr, in einigen Laienbewegungen der katholischen Kirche wird sie heiß diskutiert, während evangelische Freikirchen sie generell sehr unterschiedlich beurteilen und handhaben.

Neben der kirchlichen Tradition, die v.a. in der katholischen Kirche eine große Rolle spielt, ist gerade für evangelikale Gemeinden die Frage entscheidend: Was sagt die Bibel dazu?

Was sagt die Bibel zur Frauenordination?

Die folgenden Ausführungen beruhen im Wesentlichen auf einer vereinfachten Zusammenfassung der theologischen Dissertation von Rahel Vamvaka vom 12.05.2008 unter dem Titel „Gleichwertig oder gleichgestellt?“ Sie basiert ihre Überlegungen auf eine Auslegung von 1. Mose 1-3 und wendet ihre Schlussfolgerungen auf die Auslegung von 1. Timotheus 2,11-14 an. Dabei geht sie von einer „fortschreitenden Offenbarung der Schrift“ aus. Das bedeutet, dass biblische Prinzipien in unterschiedlichen Kulturen zu unterschiedlichen Zeiten unterschiedlich zu interpretieren sind.

Zum Beispiel wird in der Bibel zwar von der Sklaverei als Institution ausgegangen und ihre Abschaffung wird nicht ausdrücklich gefordert; aber die Gleichwertigkeit aller Menschen vor Gott geht aus der Bibel eindeutig hervor (Gal. 3,28 „Da ist nun … weder Sklave noch Freier…“), ebenso Gottes Absicht, uns miteinander zu versöhnen. Die Bibel gab für die damalige Kultur Vorschriften, um die bestehende Institution der Sklaverei für Sklaven erträglicher zu gestalten; doch das zeugt nicht davon, dass die Institution der Sklaverei als solche gerecht wäre, sondern von der hohen Achtung, die die Bibel der Menschenwürde entgegenbringt. Darum haben sich Christen – zu Recht – in der Geschichte für die Abschaffung der Sklaverei eingesetzt, weil dies dem der Schrift zugrunde liegenden Willen Gottes entspricht. Heute wäre es – trotz der Vorschriften für Sklaven und Sklavenhalter, die es in der Bibel gibt – absurd, die Sklaverei wieder einzuführen, denn die geschichtliche Entwicklung ist schon weiter fortgeschritten und entspricht heute dem zugrunde liegenden Willen Gottes mehr als zur damaligen Zeit.

Die Stellung der Frau in Schöpfungsbericht und Sündenfall

Vamvaka schließt aus dem Schöpfungsbericht in 1. Mose 2, dass die Frau dem Mann am Anfang der Schöpfung gleichgestellt war, da beide in gleicher Weise die Aufgabe erhielten, die Schöpfung zu verwalten und zu bewahren. In manchen alten Übersetzungen heißt es, dass Gott Adam eine „Gehilfin“ schuf. Eigentlich muss es aber heißen, dass er ihm „eine Hilfe, die ihm entspricht“, schuf. Das Wort „Hilfe“ wird im Alten Testament sehr oft verwendet und meistens bezieht es sich auf Gott, drückt also keineswegs eine untergeordnete Stellung aus. Auch die Tatsache, dass Gott die Frau aus der Rippe des Mannes formte, ist nicht Ausdruck einer niedrigeren Stellung, sondern verdeutlicht lediglich den Aspekt, dass sie mit dem Mann „ein Fleisch“ ist. Eine hierarchische Abstufung ist laut Vamvaka im Schöpfungsbericht nur zwischen dem Schöpfer und seinen Geschöpfen und dann noch zwischen dem Menschen als Ebenbild Gottes und der restlichen Schöpfung zu erkennen – nicht aber zwischen Mann und Frau. Diese Geschlechterordnung tritt erst durch den Sündenfall in Kraft.

Auf Grund des Sündenfalls spricht Gott ein sogenanntes Straf- oder Fluchwort, das eben diese Hierarchie von Mann und Frau zum Ausdruck bringt. Aber durch die Erlösung, die uns Jesus gebracht hat, wird nicht nur die Macht der Sünde, sondern auch dieser Fluch der Hierarchie aufgelöst – und Mann und Frau sind vor Gott wieder gleichrangig und gleichwertig.

Die Stellung der Frau laut 1. Tim. 2,11-14

An dieser Stelle seines Briefes spricht der Apostel Paulus das Verhalten der Frauen im Gottesdienst an. Außerdem spricht er von der Unterordnung der Frau und von einem Lehrverbot für Frauen. Beides begründet er mit der Urgeschichte – nämlich mit der Ersterschaffung Adams und der Verführung Evas. Vamvaka betont in ihrer Auslegung, dass Paulus den Frauen das Lernen sehr wohl gestattet. Es geht ihm nur darum, in der Gemeinde eine vorlaute Geschwätzigkeit der Frauen zu unterbinden. Bei der Unterordnung der Frauen geht es durchaus nicht um eine generelle Unterordnung aller Frauen unter alle Männer, sondern um die Unterordnung der Frau unter ihren Ehemann.

Die Begründung mit der Ersterschaffung Adams erinnert an das Erstgeburtsrecht – das allerdings Gott selbst in der Geschichte der Stammväter Israels oft genug über den Haufen wirft. So erwählt er beispielsweise Jakob statt Esau, später Juda oder auch David, die beide keine Erstgeborenen sind. Das Erstgeburtsrecht spielte in einer Agrarkultur eine wichtige Rolle; in unserer Kultur hingegen ist es bedeutungslos geworden. Daher praktizieren Christen es heute ebenso wenig wie das Sabbatgebot in seiner wörtlichen Auslegung.

Es kommt vielmehr darauf an, so Vamvaka, das zugrunde liegende Prinzip zu beachten, nämlich dass Frauen den Männern nicht durch eine anmaßende Usurpation eine Tätigkeit rauben, die zur Domäne des Mannes gehörte. Grundsätzlich könnte man so formulieren, dass die Gemeinde sich Lehrer und Leiter erwählen sollte, die würdig sind, beträchtliche Ehre in der Gemeinde zu erhalten.

Dass Frauen nicht lehren sollten, weil Eva verführt wurde, lässt sich als Begründung nur mit der damaligen Kultur erklären, in der Frauen im Allgemeinen einen wesentlich geringeren Bildungsgrad hatten als Männer und somit verführbarer waren. Das Lehrverbot, das Paulus ausspricht, hat also einen zeitgebundenen Hintergrund und ist auf die heutige Zeit nicht in dieser Form anwendbar. Rahel Vamvaka plädiert somit für eine Aufhebung des Lehrverbots für Frauen.

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